Notiz zu Dynkin-Systemen

Definition: Ein Dynkin-System {\mathcal D} über {X} ist ein Mengensystem, d.h. {\mathcal D \subseteq \mathcal P(X)}, derart dass

  1. die Grundmenge enthalten ist, {X \in \mathcal D},
  2. es abgeschlossen unter Komplementen ist

    \displaystyle  A \in \mathcal D \Rightarrow A^C \in \mathcal D

  3. es abgeschlossen unter paarweise disjunkter abzählbarer Vereinigung ist

    \displaystyle  \{ A_i \} \subseteq \mathcal D \mbox{ disjunkt} \Rightarrow \biguplus_{i=1}^{\infty} A_i \in \mathcal D.

Satz: Ein Mengensystem {\mathcal D} über {X} ist genau dann ein Dynkin-System falls

  1. es die Grundmenge enthält: {X \in \mathcal D},
  2. es unter relativen Komplementen abgeschlossen ist, d.h.

    \displaystyle A,B \in \mathcal D, A \subseteq B \Rightarrow B - A \in \mathcal D

  3. es unter abzählbaren, aufsteigenden Mengensystemen abgeschlossen ist

    \displaystyle  \{ A_i \} \subseteq \mathcal D \mbox{ mit } A_i \subseteq A_{i+1} \Rightarrow \bigcup_{i=1}^{\infty} A_i \in \mathcal D.

Beweis: 1) Sei {\mathcal D} Dynkin-Sytem über {X}. i) ist klar, zu ii) sei {A,B \in \mathcal D} mit {A \subseteq B}. Das ist äquivalent mit {A \cap B = A}, also {A \cap (B^C) = (A \cap B) \cap B^C = A \cap \emptyset = \emptyset} und damit ist {A \cup B^C \in \mathcal D} als disjunkte Vereinigung, weiter ist {B - A = (B \cap A^C) = (B^C \cup A)^C \in \mathcal D}. Für ii) sei {\{ A_i \}} eine Folge von Mengen mit {A_i \subseteq A_{i+1}}. Definiere {B_1 := A_1} und {B_{i+1} := A_{i+1} - A_i}. Die Mengen {\{ B_i \}} sind paarweise disjunkt, denn sei {i < j} dann ist {A_i \subseteq A_j} und damit induktiv {A_i \cap B_j = \emptyset} also {B_i \cap B_j = \emptyset}. Weiterhin

\displaystyle  \bigcup_{i=1}^{\infty} A_i = \bigcup_{i=1}^{\infty} B_i.

Denn sei {x \in \bigcup_{i=1}^{\infty} A_i} dann ist {x \in A_j} für ein minimales {j}, also {x \in B_j} da {j} minimal, die andere Richtung der Inklusion ist klar. Damit also {\bigcup_{i=1}^{\infty} A_i = \bigcup_{i=1}^{\infty} B_i \in \mathcal D}.

2) Gelte nun i),ii) und iii) für {\mathcal D}. Wir zeigen dass es sich dann um ein Dynkin-System handelt. Die Eigenschaften 1) und 2) sind klar. Zu 3) sei {\{ A_i \}} eine Folge paarweise disjunkter Mengen. Wir zeigen zunächst dass endliche Vereinigungen disjunkter Mengen aus {\mathcal D} in {\mathcal D} liegen. Seien dazu {A,B \in \mathcal D} disjunkt. Dann ist {A \uplus B = (B^C - A)^C \in \mathcal D} wegen ii) und damit induktiv jede endliche Vereinigung. Setze nun {B_1 := A_1, B_2 := A_2 \cup A_1, B_3 := A_3 \cup B_2 = A_3 \cup A_2 \cup A_1} usw. Dies liefert eine Folge {\{ B_i \}} mit {B_i \subseteq B_{i+1}} und wegen {\bigcup_i A_i = \bigcup_i B_i \in \mathcal D} folgt iii). {\square}

Definition Ein Mengensystem {\mathcal D} über {X} heisst durchschnittsstabil (oder {\pi}-System) falls für alle {A,B \in \mathcal D} auch {A \cap B \in \mathcal D}.

Ein durschnittsstabiles Mengensystem ist induktiv unter beliebigen endlichen Schnitten abgeschlossen.

Satz: Ein Dynkin-System {\mathcal D} über {X} ist genau dann {\sigma}-Algebra wenn es durchschnittsstabil ist.

Beweis: 1) Sei {\mathcal D} eine {\sigma}-Algebra, dann sieht man leicht dass es Dynkin-System und durchschnittsstabil ist. 2) Sei nun umgekehrt {\mathcal D} ein durchschnittsstabiles Dynkin-System. Wir müssen noch zeigen dass es unter beliebigen abzählbaren Vereinigungen abgeschlossen ist, sei dazu {\{ A_i \}} eine beliebige Folge von Mengen aus {\mathcal D}. Die Folge {B_i := A_1 \cup \ldots \cup A_i} bildet eine aufsteigende Folge von Mengen, die wegen dem Abschluss unter endlichen Schnitten alle in {\mathcal D} liegen, damit {\bigcup_i B_i \in \mathcal D} und wegen {\bigcup_i A_i = \bigcup_i B_i} folgt der Abschluss unter beliebiger Vereinigung. {\square}

Sei {\mathcal A} ein beliebiges Mengensystem über {X}, dann ist das von {\mathcal A} erzeugte Dynkin-System das kleinste Dynkin-System welches {\mathcal A} umfasst. Da die Potenzmenge stets ein Dynkin-System und der Schnitt von beliebigen Dynkin-System wieder ein Dynkin-System ergibt existiert das erzeugte Dynkin-System für jedes Mengensystem und ist eindeutig bestimmt.

Satz: Sei {\mathcal A} ein durchschnittsstabiles Mengensystem über {X}. Dann ist das erzeugte Dynkin-System ebenfalls durchschnittsstabil, und mit obigen Satz gleich der erzeugten {\sigma}-Algebra.

Beweis: Sei {\mathcal A \subseteq \mathcal P(X)} durchnittsstabil. Bezeichne mit {\mathcal D(\mathcal A)} das von {\mathcal A} erzeugte Dynkin-System. Sei {A \in \mathcal D(\mathcal A)} beliebig, setze

\displaystyle  \Gamma_A := \{ B \in \mathcal D(\mathcal A) : A \cap B \in \mathcal D(\mathcal A) \}.

Dann ist {\Gamma_A} ein Dynkin-System über {X}, i) ist klar, für ii) sei {C \subseteq D} mit {C,D \in \Gamma_A}. Dann ist {(D - C) \cap A = D \cap C^C \cap A = D \cap ( A \cap (C^C \cup A^C) ) = (D \cap A) \cap (C \cap A)^C = (D\cap A) - (C\cap A)} und wegen {C\cap A \subseteq D\cap A} und {C\cap A, D\cap A \in \mathcal D(\mathcal A)} ist {(D - C) \cap A = (D\cap A) - (C\cap A) \in \mathcal D(\mathcal A)}, also {D - C \in \Gamma_A}. Zu iii) sei {\{ B_i \}} eine Folge in {\Gamma_A} mit {B_i \subseteq B_{i+1}}. Dann ist {\{ B_i \cap A \}} eine Folge in {\mathcal D(\mathcal A)} und wegen {B_i \cap A \subseteq B_{i+1} \cap A} und {\bigcup_i (B_i\cap A) = (\bigcup_i B_i) \cap A} folgt {\bigcup_i B_i \in \Gamma_A}.

Für {A \in \mathcal A} ist {\mathcal A \subseteq \Gamma_A} da {\mathcal A} durchschnittsstabil, und da {\Gamma_A} ein Dynkin-System folgt {\mathcal D(\mathcal A) \subseteq \Gamma_A}. Dass heisst für alle {B \in \mathcal D(\mathcal A)} folgt {B \cap A \in \mathcal D(\mathcal A)} bei {A \in \mathcal A}, oder anders gesagt für alle {A \in \mathcal A} und {B \in \mathcal D(\mathcal A)} gilt {A \cap B \in \mathcal D(\mathcal A)}, oder {\mathcal A \subseteq \Gamma_B}. Dass heisst für beliebiges {B \in \mathcal D(\mathcal A)} ist {\mathcal D(\mathcal A) \subseteq \Gamma_B}, d.h. aus {C \in \mathcal D(\mathcal A)} folgt {B \cap C \in \mathcal D(\mathcal A)}, oder anders gesagt {\mathcal D(\mathcal A)} ist durchschnittsstabil, also eine {\sigma}-Algebra.

Damit liegt die von {\mathcal A} erzeugte {\sigma}-Algebra in {\mathcal D(\mathcal A)}. Andererseits ist jede {\sigma}-Algebra auch ein Dynkin-System, damit liegt {\mathcal D(\mathcal A)} in der von {\mathcal A} erzeugten {\sigma}-Algebra, also stimmen beide Mengensysteme überein. {\square}

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